Interview mit Bismi Siyadh

Interview mit Bismi Siyadh

Bereits im April 2019 berichteten wir über die „Erfolgsgeschichte der Indischen Krankenschwester Bismi“. Nun traf sie Elmar Weber (Vorsitzender Samhathi Deutschland) und seine Frau Maria. Im folgenden Interview schildert sie ihren ganz persönlichen Werdegang:

Wie kamst du auf die Idee in Deutschland zu arbeiten?

Von meinen deutschen MIC Sponsoren erhielt ich öfter bunte Postkarten mit schönen Bildern. Das weckte mein Interesse für das Land. Nach meiner Ausbildung zur Krankenschwester entschloss ich mich hier zu arbeiten, da es erstens einen Pflegenotstand und damit sichere Arbeitsplätze gibt und man hier besser verdienen kann.

Welche Vorteile hat dieser bessere Verdienst für dich persönlich?

Zum einen kann ich mit dem Geld meine Mutter und zwei jüngere Geschwister unterstützen. Meinen Ausbildungskredit habe ich schon vor vier Wochen abbezahlt. Auch bleibt noch Geld übrig für das Sparkonto und eine „bessere Zukunft“, z. B. in einer eigenen Familie. Damit ist für mich zum anderen verbunden, dass ich hier ein selbständigeres, freieres Leben führen kann. Zu Hause würden Eltern, Geschwister, Verwandte, ja sogar Nachbarn alles besprechen, mitreden und mitentscheiden. Deshalb will ich auch nicht so bald heiraten.

Bevor du nach Deutschland kamst hattest du sicher Vorstellungen über das Leben hier. Was hat sich bestätigt, was nicht?

Die Winter im Odenwald sind wirklich kalt und in den Städten gibt es so viel Ausländer wie in den Deutschbüchern beschrieben. Meine Arbeit ist anders als erwartet, da sie viel mehr als in Indien pflegerische als medizinische Tätigkeiten hat. Daran mussten wir indischen Schwestern uns erst gewöhnen. Aber jetzt funktioniert es gut. Ich freue mich sehr, dass nicht nur ständig Brötchen gegessen werden, dass Gesetze z.B. die Straßenverkehrsordnung wirklich befolgt werden und dass die öffentlichen Verkehrsmittel bequem, zuverlässig und pünktlich also echt super sind. Viele sagten, dass  die Deutschen zuerst einmal eher kühl sein werden, aber ich habe das Gegenteil erlebt. Als wir neuen Schwestern vor einem Jahr am Frankfurter Flughafen ankamen wurden wir von der Leiterin der Klinik persönlich abgeholt, jede mit 200 Euro ausgestattet und zur Beschaffung von Winterkleidung in ein Kaufhaus begleitet. Auch übertraf die Unterbringung zusammen mit anderen Inderinnen in einer großzügigen Dienstwohnung völlig meine Erwartungen.

Welche Rolle spielte Samhathi für dich?

Für mich ist ganz klar, dass Samhathi die wichtigste Rolle in meinem Leben gespielt hat. Ich meine damit die finanzielle Förderung über so viele Jahre. Genauso wichtig ist die Motivation, Bildung, Hilfe und Beratung durch Father Jacob seit meinem 13. Lebensjahr. Ich vertraue ihm absolut. Sein umfassendes Wissen über Ausbildungsmöglichkeiten, seine Kontakte zu Schulen und Banken aber vor allem seine pädagogischen Fähigkeiten in der Beobachtung und Beratung der Kinder und Jugendlichen stehen für mich außer Zweifel.

Kannst du das etwas konkreter machen?

Während meiner Jahre im Mädchenheim Jnanpeet habe ich gelernt, rational begründete Entscheidungen zu treffen sowie eine begründete eigene Meinung zu haben und diese auch zu vertreten. Wir Mädchen lernten unsere eigenen Schwächen und Stärken zu erkennen, Konsequenzen daraus zu ziehen und Verantwortung zu übernehmen.  Bei allen Festen waren die Schülerinnen in verschiedenen Teams an der Organisation beteiligt und nach allen Feiern und auch den Fortbildungskursen wurden wir  aufgefordert, unsere Meinung und auch Kritik zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu machen. Father Jacob nennt sein Programm „Freedom with responsibility“.  Das finde ich wunderbar und deshalb möchte ich Samhathi etwas zurückgeben, z. B. durch die Förderung einer Schülerin auf ihrem Ausbildungsweg.

Danke für das Gespräch und alles Gute für deine Zeit hier in Deutschland und danach.

Von links nach rechts: Elmar Weber, Bismi Siyadh, Maria Weber

Faktenbox

Name: Bismi Siyadh (25 Jahre)

Beruf: Krankenschwester

Arbeitsstelle: seit Oktober 2018 eine Reha-Klinik im Odenwald (Hessen)

Verbindung zu Samhathi:

– Ihre alleinerziehende Mutter mit 3 Kindern war im MIF Programm

– Im Alter von 13 bis 17 im Kinderheim Jnanpeet (MIC Programm)

– Förderung durch Study Fund in der vierjährigen Ausbildung zur Krankenschwester

– 11 Monate Deutschkurse am Goetheinstitut in Trivandrum (bis Stufe B2)

– 3 Jahre Betreuerin in Jnanpeet